Politik & Gaming - Drei Aspekte der politischen Macht des Spielers in Games


Heute startet unsere zweite Themenwoche. Diesmal dreht sich alles um Politik und Videospielkultur. Ganz untypisch für die Thematik möchte ich an dieser Stelle nicht über Regulationen wie die USK reden oder wie Politiker Videospiele instrumentalisiert, um über Verfehlungen der eigenen Sozialpolitik hinwegzutäuschen. Nein, den Auftakt wird diese Woche ein Blick in die Erzählstruktur von Videospielen machen.
Selbst in einem Super Mario Bros. kann man feststellen, dass die Handlung im sogenannten Pilzkönigreich stattfindet. Je nach Spielsetting, können unterschiedliche politische Systeme in der Handlung thematisiert werden. Spielt eine Handlung in einem realen Setting, wird  vermutlich ein reales politisches System als Vorbild genutzt. Handelt ein Spiel bspw. von japanischer Historie wird oftmals ein Shōgun erwähnt (z.B. in der Sengoku Basara-Reihe der Fall), spielt die Handlung in den heutigen USA, wird es einen Präsidenten geben (z.B. in Sonic Adventure 2 zu beobachten).

Links: Ieyasu Tokugawa aus Sengoku Basara: Samurai Heroes (Shōgun der Edo-Zeit) | Rechts im Hintergrund: Präsident aus Sonic Adventure 2
Quellen: PlayscopeTrailers (YT) & SonicAdventure2Vids (YT
)

Beide genannten Spiele nutzen das Thema Politik auch gänzlich anders. In Sonic Adventure 2 wird das politische System in nur einer Cutscene kurz ersichtlich und dient dabei als Verortung der Geschichte. In Sengoku Basara: Samurai Heroes dagegen, dreht sich die gesamte Handlung um die politischen Wendungen in Japan Ende des 16., Anfang des 17. Jahrhunderts.
Besonders interessant sind bei dem Thema Politik natürlich Spiele, die eine Geschichte erzählen. Es liegt in der Natur von Erzählungen, Probleme, Kontroversen oder Konflikte zu thematisieren und nicht einen Idealzustand als Gegenstand der Betrachtung zu wählen.

Nutzung von Politik als erzählerisches Mittel
Besonders beliebt sind politische Konflikte in klassischen RPG’s. Ein Königreich muss vor einer Bedrohung gerettet werden oder eine Revolution angeführt werden. Die Wahl der Rolle von Politik im Spiel kann die Struktur der Erzählung beeinflussen und sich auch auf das Gameplay auswirken. Normalerweise wird dem Spieler in Games eine große Freiheit eingeräumt und in gewisser Weise Allmachtfantasien dargestellt. Der Spielercharakter setzt sich allein oder in einer kleinen Gruppe aus befreundeten Charakteren gegen eine gewaltige Übermacht durch, wälzt ganze Länder politisch um und ähnliches. Meist geht es dabei um ein „gut gegen böse“, der Spieler gegen den Rest. Doch bei genauerem Blick wird klar, dass viele Spiele Handlungen innerhalb der Geschichte hinterfragen und genau dieses einfache Weltbild aufbrechen.

Aspekt 01: Allmacht
Ein Beispiel genau dafür ist die Tales of – Reihe. In Tales of Symphonia wird bspw. der Konflikt zweier Nationen thematisiert, die um wenige Ressourcen kämpfen. Religion wird politisch instrumentalisiert und die Bevölkerung der beiden Länder gegeneinander ausgespielt, indem es immer nur einer Seite wirtschaftlich gut gehen kann. Das Wohl eines Menschen wird gegen das vieler aufgewogen, was sich dann im Laufe als die zentrale Frage im Spiel heraus kristallisiert. Spannend hierbei ist, dass in Tales of Symphonia sowohl Protagonisten als auch Antagonisten zwar die gleichen Ansichten haben, aber einen anderen Weg für deren Verwirklichung gehen. Der Spieler ist in diesem Spiel aktiver Teil der Änderung, die er nach und nach aktiv herbeiführt, während er mehr und mehr des Politdramas der beiden Nationen aufdeckt und in deren Mitte gedrängt wird.

Szene aus dem Opening von Tales of Symphonia
Quelle: LordCloudStrife (YT)

Aspekt 02: Zusammenspiel im System
In Tales of Vesperia ist der Spieler dagegen anfangs vor allem ein Zuschauer, der mehr oder weniger zufällig und unwillentlich gedrängt wird. Der Hauptcharakter Yuri ist ein ehemaliger Soldat, der seine Karriere trotz seines jungen Alters bereits an den Nagel gehangen hat, da er seinen eigenen Einfluss auf die Probleme der Welt für verschwindend hielt.

Die Geschichte beginnt, als er nur einen kleinen Auftrag erledigen wollte, um den Bewohnern seiner Heimatstadt zu helfen. Dabei wird er in einen gewaltigen Komplott verwickelt, der das derzeitige System aus gemäßigter Monarchie, welche durch Gilden mitbestimmt  wird, stürzen soll. Auf dem Weg seiner Heimatstadt zu helfen, wird Yuri Zeuge verschiedenster politischer Akteure und deren Kampf um ihre Überzeugungen. Seine Erfahrungen im Spielverlauf führen dazu, dass er sich entscheidet, seinen ganz eigenen Weg finden zu wollen für seine Überzeugungen einzustehen und Einfluss nehmen zu können. Das Spiel vermittelt den Gedanken, dass der Wille an Partizipation wichtig ist und die Form jeder für sich finden muss, da es keinen einzig richtigen Weg in einem solch komplexen System wie der Politik geben kann. Verdeutlicht wird das auch durch Yuris Begleiter, die sich im Laufe des Spiels zusammenfinden.

Die kleine Gruppe besteht am Ende des Spiels aus einer bunten Mischung eines Mitglieds einer der Gilden, einer staatlichen Wissenschaftlerin, einer Angehörigen der bestehenden Monarchie, einer Aktivistin und einem politisch unerfahrenem aber ambitioniertem Jungen, der für Yuri auch als Spiegel seines früheren Ichs angesehen werden kann. Die in Vesperia herbei geführten Änderungen beruhen weniger auf der Allmacht des Spielers, als vielmehr der Zusammenarbeit mit allen Akteuren.

Yuri am Anfang und gegen Mitte im Spiel Tales of Vesperia
Quelle: EmiruTheKnight (Youtube)

Aspekt 03: Machtenzug
Das Spiel Final Fantasy XIV geht einen vollkommen anderen Weg, als die beiden vorherigen Beispiele. Jeder Spieler kreiert sich für dieses Spiel zu Beginn seinen eigenen Charakter, mit dem er die Handlung erlebt. Dieser wird dann innerhalb der Handlung immer mächtiger, man bringt zerstrittene Städte zusammen, baut  erste Kontakte zu anderen Völkern auf, besiegt riesige Monster, welche den zerbrechlichen Frieden bedrohen und noch vieles mehr. Als gerade eine riesige Feier zu Ehren des Spielercharakters abgehalten werden soll, welcher eine Allianz mit einem anderen Staat erwirkt hat, wird der Spieler allerdings aller seiner Errungenschaften beraubt. Man wird zum hilflosen Opfer degradiert und muss zuschauen, wie alles wofür man gearbeitet hat in wenigen Momenten durch einen politischen Coup zerstört wird, Freunde sterben und der eigene Ruf zerstört wird und man gerade noch selbst mit dem Leben flüchten kann. Der Spieler muss in Folge dessen mit seinem Charakter Zuflucht in einem fremden Staat suchen und dort völlig neu beginnen.

Dadurch, dass der Spieler zuerst so enorm aufgebaut wird und dann mit einem Mal auf den Boden zurückgeschleudert wird, verstärkt den Effekt der Erzählung hierbei extrem. Diese Allmachtvorstellung in Spielen kann also auch der Erzählung dienlich sein, wenn mit genau dieser plötzlich wider Erwarten gebrochen wird.

Achtung, der nachfolgende Trailer verdeutlicht zwar die genannten Punkte, enthält allerdings einige Spoiler zur Story am Ende von Final Fantasy XIV: A Realm Reborn und außerdem etwas Blut.


Fazit
Games sind, ähnlich wie Bücher, Filme, Musik und andere Medien, zum großen Teil Unterhaltungsmedien. Aufgrund ihrer Natur, dass sie von bestimmten Menschen geschaffen werden, sind sie mit deren subjektivem Empfindungen und Erfahrungen verbunden. Das sollte man, wie bei jeder Medienuntersuchung, im Hinterkopf behalten. Und wie jedes Unterhaltungsmedium regen auch Erzählungen in Videospielen zum denken an und können eine gewisse Wirkung auf unsere Vorstellungen haben und wie wir bestimmte Sachverhalte bewerten, denn neben der reinen Unterhaltung können wir meistens auch etwas anderes aus einer Erzählung mitnehmen.


Disclaimer: Nach deutschem TMG und RStV handelt es sich bei diesem Post um Werbung. Der Post ist in keinster Weise durch Dritte gesponsert oder ähnliches. Der Post entspricht komplett meiner eigenen Meinung. Allerdings gelten auch Produkttests und Meinungen u.U. als Werbung, deshalb sicherheitshalber der Disclaimer.

Quellen:
Sengoku Basara: Samurai Heroes (© Capcom 2010)
Sonic Adventure 2 (© SEGA 2001)
Tales of Symphonia (© Namco 2003)
Tales of Vesperia (© Bandai Namco 2008)
Final Fantasy XIV (© Square Enix 2010)
PlayscopeTrailers - https://www.youtube.com/user/PlayscopeTrailers
SonicAdventure2Vids - https://www.youtube.com/user/SonicAdventure2Vids
LordCloudStrife - https://www.youtube.com/user/LordCloudStrife
EmiruTheKnight - https://www.youtube.com/user/EmiruHD


Kommentare